Eine Mediation folgt einem klar strukturieren Ablauf, der es den Streitparteien (Medianden) erleichtert, ihren Konflikt anzugehen und konstruktive Lösungen zu erarbeiten, die ihnen und ihrer individuellen Situation möglichst gerecht werden und mit denen sich niemand als Verlierer sehen muss. In der Folge finden Sie eine Übersicht der grundlegenden Schritte einer Mediation (Mediationsphasen).
Die Mediationsphasen
Premediation
Oft erfolgt der erste Kontakt zwischen den an einer Mediation interessierten Personen und dem Mediator telefonisch und/oder per E-Mail. Es kann sein, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle am Konflikt beteiligten Personen auf dem gleichen Wissensstand sind und beispielsweise noch nichts von einer möglichen Mediation wissen. Sämtliche Vorbereitungen, die der ersten Mediationssitzung vorangehen, werden im Fachjargon Premediation (oder Vorbesprechung) genannt.
Während der Premediation werden zunächst grundlegende Fragen beantwortet, ohne dass dabei bereits jetzt das Konfliktthema vertieft wird. Diese vermeintliche Oberflächlichkeit ist nicht einem Desinteresse des Mediators geschuldet, sondern dem Umstand, dass ein Mediator der Allparteilichkeit verpflichtet ist. Es ist für das Gelingen einer Mediation äusserst wichtig, dass alle Beteiligten zu jeder Zeit den gleichen Wissensstand haben und dies ist bei einem Telefongespräch, an dem nicht alle Betroffenen beteiligt sind, nicht gegeben.
Im Wesentlichen werden während der Premediation folgende Punkte besprochen:
- Stichworte zum Konflikt.
- Wie viele Personen sind beteiligt?
- Übersicht über den Ablauf einer Mediation sowie darüber, was Mediation zu leisten vermag und wofür sie weniger geeignet ist.
- Weiss die Gegenpartei vom Wunsch nach einer Mediation?
- Wer nimmt mit der Gegenpartei Kontakt auf und ebnet den Weg für ein erstes Mediationsgespräch?
- Ist eine Co-Mediation sinnvoll? Speziell bei der Trennung/Scheidung einer Frau und eines Mannes empfiehlt sich eine Co-Mediation, die von einem Mediator sowie einer Mediatorin durchgeführt wird. Dieses Vorgehen hat sich bewährt: einerseits, weil eine Trennung ein emotional sehr anspruchsvoller Prozess ist und andererseits, weil die gemischtgeschlechtliche Zusammensetzung des Teams sicherstellt, dass die Anliegen und Bedürfnisse von Frau und Mann gleichwertig eingebracht und verhandelt werden können.
- Ort, Raum, Kosten, Termin
Phase 1 – Einführung und Arbeitsbündnis
In der ersten Phase wird der kooperative Umgang miteinander während Mediation geregelt. Ziel ist es, dass alle Beteiligten Vertrauen in das Mediationsverfahren fassen und Klarheit darüber haben, was eine Mediation für sie bedeutet.
Am Ende der ersten Phase steht das sogenannte (meist schriftliche) Arbeitsbündnis zwischen den Streitparteien und dem/den Mediator/en, in welchem u.a. folgende Punkte festgehalten werden:
- Beteiligte Personen
- Regelung des Umgangs miteinander
- Vertraulichkeit sowie allfällige Einbindung Dritter wie Rechtsanwälte, Gutachter, Sachverständige etc.
- Zurverfügungstellung der für die Mediation notwendigen Informationen
- Rahmenbedingungen (Zeit, Ort etc.)
- Kosten, Aufteilung der Kosten, Zahlungsmodalitäten sowie Haftung
- Regeln für den allfälligen Abbruch der Mediation
- Weitere «Spielregeln», die den Medianden wichtig sind, um gut miteinander arbeiten zu können und sich in der Mediation gut aufgehoben und ernst genommen zu fühlen.
Eine Mediation kann nur dann stattfinden, wenn sich alle Beteiligten freiwillig darauf einlassen und die persönlichen Erwartungen geklärt und formuliert sind.
Phase 2 – Informations- und Themensammlung
In der zweiten Phase werden die Themen zusammengetragen, die während der Mediation geregelt werden sollen. Die Themen werden als Stichworte notiert, um den Umfang des Regelungsbedarfs zu erfassen, ohne jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt mit der Klärung der einzelnen Punkte zu beginnen.
Die Informationssammlung ermöglicht den Überblick in doppelter Hinsicht, einerseits wird der Konflikt – der sich vorher unter Umständen als emotionsgeladenes Durcheinander dargestellt hat – auf einmal transparent und bearbeitbar, zum anderen zeigt die Themenliste auch zu besprechende und zu bearbeitende Aspekte auf, die bis jetzt ausserhalb des eigenen Fokus gelegen sind, bzw. auf unterschiedlichen Sichtweisen basieren.
Die Informations- und Themensammlung ist nicht abschliessend. Sollten sich im Laufe der Mediation weitere Themen herauskristallisieren, die nach Ansicht der Medianden ebenfalls bearbeitet werden müssen, kann die Themenliste auch zu einem späteren Zeitpunkt noch erweitert werden.
Phase 3 – Interessenklärung und Konflikterhellung
Am Anfang der Interessenklärung und Konflikterhellung einigen sich die Streitparteien gemeinsam auf ein zu bearbeitendes Thema aus ihrer Liste. Alle Themen sind gleichwertig, es gibt keine festgeschriebene Reihenfolge oder Priorisierung, es geht einfach darum, mit einem der genannten Themen einen Anfang zu machen. Während sich die einen ein brisantes Thema zur Bearbeitung aussuchen, einigen sich andere lieber darauf, mit einem einfacheren, kleineren Thema zu beginnen. Ziel ist es in jedem Fall, allen genannten Themen die ihnen gebührende Aufmerksamkeit zu widmen.
Die Medianden legen in dieser Phase ihre Sichtweisen hinter ihren Standpunkten zum gewählten Thema dar und lernen diese gegenseitig besser zu verstehen, ohne sich jedoch die Sichtweise der Gegenseite zu eigen machen zu müssen. Es wird ein Kommunikationsprozess angeregt, in dem sich die Beteiligten von den sich gegenseitig ausschliessenden Ansprüchen und Positionen wegbewegen und die darunterliegenden Interessen und Bedürfnisse sichtbar werden. Es wird transparent, warum und wieso das eine oder andere so wichtig ist und gleichzeitig wächst die gegenseitige Anerkennung der verschiedenen Interessen und Bedürfnisse.
In dieser Phase wird der Grundstein für die spätere Entscheidungsfindung gelegt. Dieses Vorgehen ebnet den Weg für neue Lösungsideen und bildet die Grundlage für zukunftsfähige Regelungen, die von allen Beteiligten getragen werden können.
Phase 4 – Optionen und Ideen
Während in der vorherigen Phase die gegenseitigen Interessen und Bedürfnisse geklärt wurden, entwickeln die Parteien nun eine Vielzahl unterschiedlichster Ideen, wie der Konflikt gelöst werden könnte.
Der Horizont wird jetzt weit geöffnet und die Konfliktpartner entwickeln Ideen, Möglichkeiten und Optionen, was alles für die Lösung ihres Konflikts hilfreich sein könnte. – Die Ideen dürfen bzw. sollen in der jetzigen Phase kreativ und unkonventionell sein, es darf quergedacht werden, Hypothesen, Fantasien und Utopien sind willkommen. – In dieser Phase entstehen neue, unerwartete und für alle Seiten vorteilhafte Lösungsansätze.
Mögliche Lösungen sollten wenige einfache Kriterien erfüllen, sie sollten
- konkret, eindeutig definiert, nachvollziehbar und messbar sein.
- von allen Beteiligten getragen werden können und umsetzbar sein.
- im Hinblick auf die Konfliktsituation durchführbar sein.
Konsequenterweise dürfen die einzelnen Ideen zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewertet werden, zumal die Konfliktbeteiligten so der Versuchung unterliegen können, die erstbeste plausibel klingende Lösung als Verhandlungsergebnis anzunehmen.
Phase 5 – Verhandlung und Einigung
Im Anschluss an diese äusserst kreative Phase geht es nun darum, dass die Konfliktpartner unabhängig voneinander diejenigen Lösungsideen und -optionen für sich heraussuchen, die sie als am ehesten praktikabel erachten. Mehrfach erwähnte Punkte bilden das Fundament für das nun folgende Aushandeln konkreter Lösungen. Am Ende stehen realisierbare Vorschläge, mit denen alle Beteiligten leben können.
Hierbei ist Angebotsverhandeln, d.h. Verhandeln über möglichst viele Angebote gefordert. Das Verhandeln während einer Mediation unterscheidet sich sehr von der gewohnten Art von Verhandlungen, wo Forderungen im Zentrum stehen und in erster Linie um das Durchsetzen der eigenen Positionen und Interessent und erst in zweiter Linie um die Suche nach einem möglichen Kompromiss geht.
Die in der dritten Phase gesammelten Interessen und Bedürfnisse dienen nun unter anderem als Kriterien zur Einschätzung und Bewertung der unterschiedlichen Optionen.
Diese Phase dient auch der Überprüfung der Umsetzungsfähigkeit von Lösungsoptionen hinsichtlich ihrer rechtlichen, technischen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Bedingungen.
Phase 6 – Vereinbarung und Abschluss
Die in den vorhergehenden Phasen erarbeiteten Lösungen werden nun in einer Vereinbarung schriftlich zusammengefasst, die von allen Beteiligten als ausgewogen und fair empfunden wird. Ebenfalls wird festgehalten, wie die getroffenen Vereinbarungen umgesetzt werden sollen.
Die Vereinbarung kann eine Übereinkunft die Form eines rechtlich verbindlichen Vertrags oder einer gemeinsamen Erklärung haben. Je nach Thema kann es sein, dass die Vereinbarung zusätzlich juristisch geprüft und/oder gerichtlich bzw. notariell beglaubigt werden muss.
Ein weiterer Aspekt einer Einigung mittels Mediation sowie der erfolgreichen Lösungsumsetzung ist oft, dass sich für die Beteiligten Erkenntnisse für den künftigen Umgang miteinander ergeben, dass sie von nun an mit sich anbahnenden Konflikten konstruktiver umgehen können und sich so die Beziehung zueinander grundlegend verbessert.
Die eigentliche Mediation endet mit dieser Phase.
Postmediation – Follow-up
Der Konflikt ist geklärt, die Vereinbarung unterzeichnet und alle halten sich an die vereinbarte neue Form des Umgangs miteinander.
Vielleicht entdecken Sie in der Praxis aber Punkte, die trotz aller Sorgfalt der weiteren Klärung bedürfen oder aber die Rahmenbedingungen haben sich so verändert, dass es sinnvoll ist, die getroffenen Vereinbarungen anzupassen? – Dann kann eine Postmediationssitzung sinnvoll sein, um die getroffenen Vereinbarungen zu justieren, Erfolge zu festigen und für allfällige Schwierigkeiten neue Lösungen zu finden.
Sie entscheiden, ob und wann Sie eine Postmediation in Anspruch nehmen möchten, um die getroffenen Vereinbarungen der Realität anzupassen.
Download der Broschüre «Mediation – Konflikte lassen sich lösen» (www.mccg.ch)